1960 bis 1965

Bäumler dirigiert, Kleinböhl wirbelt und Rößler trifft
Von 1960 bis 1965: Unter der Vorstandsregie von Willi Hofmann und Hans-Ludwig Blöcher marschiert der SCO mit acht Eulerbuben nach zwei Aufstiegen in die Regionalliga

Die mit Abstand erfolgreichste Dekade ihrer hundertjährigen Vereinsgeschichte begann für die damals rund 500 Mitglieder des SC Opel Rüsselsheim mit tüchtig Arbeit. Nach dem Verkauf seines Sportplatzes an der Haßlocher Straße an die Stadt Rüsselsheim hatte der SCO im Gegenzug ein Gelände an der Georg-Jung-Straße für 99 Jahre in Erbbaurecht erhalten.
Trotz aller Zuschüsse war viel Eigeninitiative der Gelb-Schwarzen nötig, um die Bauarbeiten beim damaligen Hartplatz mit Laufbahn, dem schmucken Vereinsheim und den Umkleidekabinen zu stemmen. Erst 1965 wurde mir der Installation einer Flutlichtanlage das leuchtende i-Tüpfelchen auf das ehrgeizige Projekt gesetzt.

Schweiß floss aber anfangs der sechziger Jahre auch auf dem Spielfeld reichlich ? dazu zunächst auch manch Tränchen der Enttäuschung. Wie bereits Ende der Fünfziger mischte der SC Opel im städtischen Stadion, seiner 1957 fertiggestellten neuen Heimspielstätte, stets in der Spitzengruppe der Zweiten Amateurliga mit. Um immer wieder mehr oder minder knapp zu scheitern.

Nach den Rängen fünf (Saison 60/61) und vier (61/62) schlugen am 14. April 1962 in einer denkwürdigen Mitgliederversammlung in Abwesenheit des langjährigen Vorsitzenden Josef Sehr zwei in der damaligen Presse als ?Rebellen? bezeichnete Mitglieder aber dann den öffnenden Steilpass: Mit Willi Hofmann als neuem Vorsitzenden und Hans-Ludwig ?Halu? Blöcher als seinem Stellvertreter sorgten zwei schillernde Rüsselsheimer Persönlichkeiten für frischen Wind an der Vereinsspitze.

Sie bildeten fortan ein zweites SCO-Erfolgsduo, das die vorzügliche Vorarbeit von Trainerlegende Hans Euler in Verbindung mit Jugendleiter Valentin Kleinböhl vollenden konnte. ?Halu? Blöcher, der noch heute im Alter von 84 Jahren als SCO-Ehrenvorsitzender mit seinem phänomenalen Erinnerungsvermögen an Aufstellungen, Statistiken und Episoden aus Glanzzeiten verblüffen kann, war dabei der grundsolide Macher im Hintergrund. Ebenso zuverlässig, wie er zuvor in den vierziger Jahren erst am Sonntagmorgen 70 Minuten mit dem Hockeyschläger beim RRK und dann nachmittags 90 Minuten als Kicker beim SCO Spitzenleistungen erbracht hatte.

Und ?Paradiesvogel? Hofmann, der 1956 als einer der Redaktions-Pioniere das Rüsselsheimer ECHO mit aus der Taufe gehoben hatte, bei seiner Wahl zum SCO-Vorsitzenden 1962 aber schon als Rüsselsheimer Sport- und Presseamtsleiter fungierte und sich zudem als Box-Promotor einen Namen machte, vermochte einfach alle in seinen Bann zu ziehen: Aktive, Zuschauer, Politiker und erste Sponsoren.

?Wiho? Willi Hofmann, der im Jahr 2000 auf seinem Altersruhesitz im südspanischen La Manga verstarb, öffnete als Hansdampf in allen Gassen mit seinen vorzüglichen Kontakten aber nicht nur dem SC Opel, sondern auch vielen anderen Rüsselsheimer Vereinen die Türen zu Politik und Wirtschaft ? und den Clubs damit völlig neue Perspektiven. Angesichts der noch munter sprudelnden Gewerbeeinnahmen fiel es den Stadt-Oberen mit Bürgermeister Walter Köbel an der Spitze auch nicht schwer, Hofmanns Sportbegeisterung zu teilen und in Wirtschaftswunderzeiten für die entsprechende Infrastruktur (Stadion, Hallenbad, Köbel-Halle) im damals 41 000 Einwohner zählenden Rüsselsheim zu sorgen.

Schon anfangs der Ära Hofmann/Blöcher vermeldete der SCO spektakuläre Neuverpflichtungen wie den via FSV Mainz 05 gekommenen Frankfurter Ex-Nationalspieler Erich Bäumler, der 1959 auch zum bislang einzigen deutschen Meistertitel der Eintracht beigetragen hatte. Fast noch wichtiger war es aber, dass der SCO seinen eigenen Talentschuppen bei der Stange halten konnte. Das war zuvor nicht immer der Fall gewesen, denn mehrere der älteren Eulerbuben waren nach dem Sprung ins Aktivenlager den Lockrufen höherklassiger Vereine gefolgt.

Hofmanns ?Rückholaktion? sorgte ab 1962 aber dafür, dass die flügge gewordene SCO-Kücken wie Torjäger Karl-Heinz Rößler (Schwenningen) oder Herbert Beisenkötter und ein Jahr später Helmut Kleinböhl (beide Kickers Offenbach) wieder ins heimische Nest zurückkehrten. Sie nahmen dafür, wie andere Zugänge aus höherklassigen Vereinen, gar lange Wechselsperren von bis zu neun Monaten in Kauf.

Wegen der langen Zwangspausen dieser ehemaligen Vertragsspieler schien der SCO auch 1962/63 sein Ziel zu verfehlen, ehe er in einem packenden Saisonfinale dann doch noch Abonnements-Tabellenführer SG Arheilgen überflügelte. Fast 2000 Zuschauer hatten den SCO zum letzten Punktspiel beim KSV Urberach begleitet, das der SCO durch zwei Treffer durch den inzwischen verstorbenen Eduard Latzel mit 2:0 gewann.

Über den Gewinn der Meisterschaft in der Zweiten Amateurliga konnten sich Trainer Willi Debus, Aktive und Fans aber nicht lange freuen, denn in der Aufstiegsrunde scheiterten Gerhard Kraus, Günter Lasse, die noch heute in Rüsselsheim leben, und Co. nach Triumphen über den SV Asbach im entscheidenden Spiel vor 4000 Zuschauern im Stadion mit 0:2 an Preußen Frankfurt.

Versäumtes holten die Gelb-Schwarzen aber in der Saison 63/64 nach. Erst marschierte der SCO souverän durch die Runde, in der die drei weiteren Kreisvertreter RW Walldorf, SVC Gernsheim und SV Bischofsheim nur knapp dem Abstieg entrannen, stand bei elf Punkten Vorsprung auf die SG Arheilgen schon fünf Spieltage vor Schluss als souveräner Meister fest.

Und auch in den vier Aufstiegsspielen gegen SV Alsfeld und SV Geisenheim ließ die Elf um den reaktionsschnellen Torhüter Hans Jäger und den zuverlässigen Kapitän Gerhard Kraus, der über 500 Erstmannschaftseinsätze für den SCO absolvieren sollte, nichts anbrennen. Mit dem 6:0-Heimsieg gegen Alsfeld vor 5000 Fans nach Treffern von Bäumler (2), Kleinböhl (2), Kraus und Dürr war der Sprung in die Erste Amateurliga geschafft und der SCO fortan die unumstrittene lokale Nummer eins.

Wobei sich diese höchste Amateurklasse in der Saison 64/65 nur als Durchgangsstation entpuppen sollte. Erich Bäumler, der zuvor bei seinen 280 Einsätzen für Eintracht Frankfurt auch im Europapokal bis hin zum Finale gegen Real Madrid in Glasgow am Ball war, trug in der neuen Spielklasse nach dem Ausstieg von Coach Willi ?Teddy? Debus, den es zu Mainz 05 zog, als Spielertrainer die Verantwortung. Unterstützt wurde er dabei von Co-Trainer Xaver Malterer. Schon nach wenigen Spieltagen hatte der im Vergleich zur Vorsaison personell kaum veränderte SCO den Respekt vor den Gegnern in Hessens höchster Klasse abgestreift.

Angetrieben von Bäumler (der 2003 in Rüsselsheim verstarb) und dem schussstarken, heute in Bauschheim wohnenden Helmut ?Hebbes? Kleinböhl (einziger Rüsselsheimer Amateur-Nationalspieler) und mit einem treffsicheren Mittelstürmer Karl-Heinz Rößler, der nun in Ginsheim lebt, spielte der SCO zum Entzücken seiner immer größer werdenden Fan-Schar mit den Gegnern Katz und Maus. Auch seine Mitgliederzahl hatte der auf einer Euphoriewelle schwimmende SCO binnen drei Jahren auf 1050 verdoppelt.

Und der selbstbewusste SC Opel geriet selbst dann nicht mehr ins Trudeln, als sich Bäumler Mitte der Rückrunde im Gastspiel beim VfR Bürstadt einen Wadenbeinbruch zuzog und der aus dem bayerischen Weiden stammende Ex-Nationalspieler daraufhin seine Aktivenlaufbahn beenden musste. Schon beim viertletzten Spieltag am 11. April 1965 durften 5000 Fans im Stadion nach dem 4:2-Heimerfolg über die Spvgg. Neu-Isenburg die Meisterschaft bejubeln.

Am Ende besaß der SCO bei stolzen 100 Treffern, von denen Rößler allein 34 erzielte, und nur 39 Gegentoren bei 56:12 Punkten satte elf Zähler Vorsprung auf die Verfolger SV Wiesbaden, SG Westend und Borussia Fulda. Der SCO hatte den Aufstieg in die Regionalliga Süd, der nach der 1963 eingeführten Bundesliga zweithöchsten Klasse, gemeistert ? war damit als erster und bislang einziger Kreisverein ins Profi-Lager vorgeprescht.

Auf den Triumph durfte auch der 1995 verstorbene Hans Euler, der bis 1963 über 36 Jahre vorbildliche Talentförderung betrieben hatte, stolz sein. Denn neben Spielertrainer Erich Bäumler, Torhüter Hans Jäger, Gerd Mössinger, Freddy Rodrian, Detlef Rice, Werner Ungefroren Werner Büßer, Franjo Gaspert, Vladimir Conc und Erwin Muggli waren gleich acht Eulerbuben an diesem größten Erfolg in der Vereinsgeschichte beteiligt: Karl-Heinz Rößler, Werner Sieben, Gerhard Kraus, Horst Müller, Helmut Kleinböhl, Günter Lasse, Herbert Beisenkötter und Eduard Latzel.

Norbert Beck (Rüsselsheimer Echo)
16.11.2006

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